Grundsätze Parteilichkeit # Wir stehen auf deiner Seite. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Die Perspektive der von Diskriminierung oder Belästigung Betroffenen ist Ausgangspunkt unserer Arbeit. Die Interessen und Bedürfnisse der Betroffenen stellen wir in den Vordergrund und unterstützen sie darin, den für sie richtigen Umgang mit einer Situation oder ihren Erfahrungen zu finden. Warum ↕ Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Machtverhältnisse und Ungleichheitsstrukturen ist es wichtig, dass Menschen zugehört wird, ohne dass das Erlebte gleich zu relativieren oder gar wegzureden versucht wird. Wir suchen keine objektive Wahrheit. Durch die Anerkennung, dass ausschließlich betroffene Personen definieren, ob bzw. wie ihre eigenen Grenzen überschritten wurden, begegnen wir erfahrener Ohnmacht und der verbreiteten Tendenz zum victim blaming (Betroffene für das Erlebte verantwortlich machen). Sonst nimmt sich oft die Mehrheitsgesellschaft das Recht heraus zu entscheiden, wer wann diskriminiert wird und wer nicht. Uns ist wichtig, dass auch Menschen wahrgenommen werden, die sonst nicht gehört oder ernst genommen werden. Gesellschaftliche Macht-verhältnisse reflektieren # Wir reflektieren und betrachten Situationen im Licht existierender gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Gesellschaftliche Machtverhältnisse wie Rassismus, Antisemitismus, Ableismus (Diskriminierung behinderter, neurodivergenter oder chronisch kranker Menschen), Klassismus (Diskriminierung armer bzw. sozioökonomisch benachteiligter Menschen), Sexismus, Trans-, Inter- und Queerfeindlichkeit wirken natürlich auch im Chaos und auf den Events. Hierfür versuchen wir zu sensibilisieren und bringen uns bei verschiedenen Themen ein - nach innen wie nach außen. Warum ↕ Unsere Gesellschaft ist durch Machtverhältnisse geprägt. Diese erlernen wir in unserer Sozialisation, ob wir es wollen oder nicht. Internalisierte Bilder, Bewertungen und Erwartungshaltungen beeinflussen, wie wir die Welt sehen und anderen Menschen gegenübertreten. Wir können sie nicht einfach ablegen, aber reflektieren und zu verlernen versuchen. Vertraulichkeit # Was du uns erzählst (und dass du mit uns redest) bleibt unter uns - es sei denn du möchtest etwas anderes. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Deine Gespräche mit dem Awareness-Team sind vertraulich. Das heißt, wir reden mit keiner anderen Person über das, was du mit uns geteilt hast. Oder dass du überhaupt bei uns warst. Außer du möchtest das und wir vereinbaren das. Wir werden dich nicht zu überzeugen versuchen, etwas weitergeben zu dürfen. Jede Aktivität unsererseits wird mit dir abgesprochen. In der teaminternen Übergabe oder Reflexion sprechen wir anonymisiert bzw. nach dem need-to-know-Prinzip über Anliegen, die an uns herangetragen wurden. Das bedeutet, dass jede Person im Team nur so viel weiß, wie unbedingt notwendig ist. Warum ↕ Wir schützen deine Privatsphäre. Belastende Situationen erfordern einen Raum, in dem du nicht damit rechnen musst, später ungefragt wiedererkannt oder bewertet zu werden. Nur wenn du darauf vertrauen kannst, dass nichts ohne dein Einverständnis weitergegeben wird, kannst du wirklich frei entscheiden, was du erzählen möchtest – und was nicht. Wir sind uns bewusst, dass es Mut erfordert, sich unbekannten Menschen anzuvertrauen und unangenehme oder intime Details zu teilen. Dieses uns entgegengebrachte Vertrauen wissen wir zu schätzen. Betroffenenzentrierung # Deine Bedürfnisse stehen im Vordergrund. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Die Person, die Diskriminierung, Belästigung oder sexualisierte Gewalt erlebt hat, steht für uns im Fokus. Unsere Unterstützung orientiert sich nicht daran, was das für andere Personen bedeutet. Wir bewerten nicht, ob du dich “richtig” verhalten hast oder ob das, was du jetzt brauchst und möchtest, “richtig” ist. Wir hören dir zu, machen dir eventuell Angebote und unterstützen dich dann, wo es in unseren Möglichkeiten liegt. Warum ↕ Belastende Erfahrungen wirken individuell – deshalb wäre es weder hilfreich noch respektvoll, unsere eigenen Vorstellungen über deine zu stellen. Wir möchten erneute Verletzungen, die entstehen können, wenn andere deine Wahrnehmung in Frage stellen oder Prioritäten über deinen Kopf hinweg setzen, verhindern. Außerdem kannst du so Kontrolle zurückgewinnen, wo sie dir vorher entzogen wurde. Indem wir uns konsequent an deinen Wünschen orientieren, schaffen wir einen Raum, in dem du selbst bestimmen kannst, was sich stimmig, machbar und hilfreich anfühlt. Handlungsfähigkeit stärken # Es geht uns darum, dass du wieder selbst handeln kannst. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Uns ist es wichtig, alles mit dir abzusprechen, wenn du dich an uns wendest. Du entscheidest, wie es weitergeht, du weißt, was du brauchst. Wir supporten dich dabei, das herauszufinden und unterstützen dich bei Bedarf in der Umsetzung. Wir können dir Optionen aufzeigen und Vorschläge machen, aber wir sagen dir nicht, was “das Richtige” ist. Auch die Entscheidung, nichts zu tun oder sich erstmal um sich selbst zu kümmern, kann eine solche Entscheidung sein. Wir können zwar auch Dinge für dich tun, aber prinzipiell sehen wir uns als Unterstützung. All dies gilt auch, wenn du mit einem anderen Anliegen zu uns kommst. Oder wenn du präventiv mit uns über etwas sprechen willst, zum Beispiel weil du dich auf eine Situation vorbereiten möchtest. Unser Fokus ist das Event und wie du noch eine möglichst gute Zeit dort haben kannst. Wir können Schritte und Strategien für danach überlegen, begleiten können wir dich dann jedoch nicht mehr. Warum ↕ Belästigung, Diskriminierung, (sexualisierte) Gewalt sind oft Ohnmachtserfahrungen. Betroffene fühlen sich ausgeliefert, sind vielleicht selbst unsicher, was sie da erlebt haben, fühlen sich paralysiert. Häufig verstärken Reaktionen Dritter diese Gefühle noch, es fallen vielleicht Sätze wie “ist doch nicht schlimm” oder gar “stell dich nicht so an”. Awareness-Support will die Möglichkeiten schaffen, aus Ohnmacht und Frembestimmung herauszukommen und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Reflexion und Intervision # Wir bilden uns weiter und reflektieren im Team intern und anonymisiert, wie wir gehandelt haben. Was das in der Praxis bedeutet ↕ Wir reflektieren regelmäßig unsere Arbeit und unseren Umgang mit Anliegen und den Menschen, die zu uns kommen. Außerdem kann jedes Teammitglied den Bedarf nach Intervision äußern. Dann setzen wir uns zusammen und sprechen nach einem strukturierten Verfahren über den konkreten Fall, natürlich in anonymisierter Form. Dies dient der eigenen Verarbeitung, bietet im Team aber auch die Gelegenheit, gemeinsam zu lernen. Warum ↕ Awareness heißt auch, dass es in jeder Situation unterschiedliche Möglichkeiten und Handlungsoptionen gibt - für die Person, die zu uns kommt, aber auch für das Team. Jede Situation ist anders, und kein Teammitglied hat allein alle Perspektiven im Blick. Wir wollen sicherstellen, dass wir nicht aus Gewohnheit handeln, sondern bewusst, verantwortungsvoll und fachlich fundiert. Wir können immer auch Fehler machen, ungeschickt handeln, verletzen, etwas übersehen. Uns fehlt vielleicht Wissen oder Handlungssicherheit. Reflexion und Intervision ermöglicht es uns, Fehler und Leerstellen zu identifizieren, Dinge beim nächsten Mal besser zu machen oder zu sehen, dass wir sinnvoll gehandelt haben und es trotzdem auch andere Möglichkeiten gegeben hätte. Wir schärfen damit unser gemeinsames Verständnis und sorgen auch für uns. Damit tragen wir zu unserem Ziel bei: dir Unterstützung zu bieten, die durchdacht, reflektiert und professionell ist.